Wir brauchen ein Bewusstsein für die UV-Belastung der Augen
Warum die Gefahren von UV-Strahlung für die Augen oft unterschätzt werden.
Prof. Dr. med. Focke Ziemssen ist stellvertretender Direktor der Universitäts-Augenklinik Tübingen – im Interview erklärt er, warum die Gefahren von UV-Strahlung für die Augen oft unterschätzt werden.
Professor Dr. med. Focke Ziemssen (Foto) gilt als absolute Koryphäe, wenn es um die Gesundheit des menschlichen Auges geht. Er ist nicht nur stellvertretender Direktor der Tübinger Universitätsaugenklinik, sondern unter anderem auch Sprecher der Aktionsgruppe ‘Sehen im Alter’ des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) und Vorstandsmitglied der retinologischen Gesellschaft.
Tagtäglich ist er mit Erkrankungen des Auges konfrontiert – und wundert sich doch, wie nachlässig viele Deutsche in Bezug auf die Gesundheit ihrer Augen handeln. Im Interview verrät er, was jeder wissen sollte, seine Augen vor UV-Strahlung schützen möchte.
Herr Professor Ziemssen, beim Thema Sonnenbrand spricht man ja immer von verschiedenen Hauttypen, die unterschiedlich empfindlich sind. Gilt das eigentlich auch fürs Auge? Oder tragen wir alle das gleiche Risiko?
Unterschiedliche Hauttypen spielen selbstverständlich auch für das Auge eine wichtige Rolle. Beispiele sind rothaarige Menschen mit heller Haut und Sommersprossen oder schwarzhaarige Menschen mit schneller Bräunung, bei denen sich interessanterweise ebenfalls der Gehalt des produzierten Pigments (Melanins) in der Iris unterscheidet.
Wie wichtig sind der Hauttyp und damit auch der persönliche UV-Schutz für die Augenlider?
Bräunungsverhalten und Sonnenbrand der Augenlider mag zwar auf den ersten Eindruck nicht so wichtig klingen. UV-Strahlung kann aber auch wesentlich dazu beitragen, das Risiko für Tumore der Lider zu erhöhen. Am häufigsten ist das sogenannte Basaliom. Dieser Tumor streut zwar nicht in den Körper, wächst aber destruktiv. Daher kann es nach der chirurgischen Entfernung schwierig werden, den Lidschluss sicherzustellen und eine ausreichende Befeuchtung des Auges zu sichern.
Die Gefahr von UV-Strahlung wird oft unterschätzt
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Was sind die typischen Fehler im Hinblick auf UV-Strahlung und Auge, die die meisten Menschen begehen?
Allgemein dürfte der Anteil der wirksamen UV-Strahlung bei bewölktem Himmel unterschätzt werden. Für die Gefährdung durch UV-Licht ist auch die sogenannte ‚Albedo‘ entscheidend, also die Reflexion des Untergrunds. Beispiele für eine starke Rückstrahlung durch die Oberfläche sind weißer Sand oder eine Schneedecke. Der höhere Streuungsgrad des kurzwelligen Lichts durch Luft- und Wassermoleküle in der Atmosphäre, lässt den wolkenlosen Himmel blau erscheinen. UV-Strahlung gibt es aber auch, wenn es diesig oder bewölkt ist.
Aber dagegen kann ich mich doch mit einfachen Mitteln schützen …
Obwohl eine Gruppe von Menschen eine Sonnenbrille in der Freizeit nutzt, tragen andere wiederum diese Brille eher lässig in die Haare gesteckt. Die individuelle Belastung durch natürliche ultraviolette Strahlung und – damit verbunden – die gesundheitliche Gefährdung werden in hohem Maße durch das eigene Verhalten bestimmt.
Gerade wir Deutsche sind manchmal unbelehrbar. Im Urlaub springen einige draußen herum, während die Einheimischen vernünftigerweise die Siesta-Pause machen. Regelmäßig holen sich deutsche Urlauber trotz besseren Wissens einen kräftigen Sonnenbrand ab, weil sie Teile des Gesichts nicht oder zu spät eincremen.
UV-Strahlung: Die Gefahr hängt immer von der Dosis ab
Reicht das aktuelle Bewusstsein in Deutschland für die Gefahren von UV aus?
Bezüglich eventueller Risiken ist es wichtig, nicht in Hysterie zu verfallen. Man sollte nüchtern überlegen, welche Größenordnung und Relevanz eine Gefährdung konkret hat.
Die Gefahren von UV hängen zuerst einmal von der Dosis ab. Beispiele sind die akute Schädigung der Hornhaut nach Schweißarbeiten ohne entsprechenden Schutz. Einige Veränderungen treten häufiger in Regionen mit starker Sonnenexposition oder in Abhängigkeit der Aufenthaltszeit im Freien auf. Neben den Tumoren der Augenlider sind das Flügelfell der Bindehaut, Linsentrübungen selbst in jüngerem Alter oder degenerative Veränderungen der Netzhaut Folgen der UV-Einwirkung.
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Welche Spätfolgen treten im Alter auf?
Welche Rolle das UV-Licht für die altersabhängige Makuladegeneration im Einzelfall spielt, ist noch schwer abzuschätzen. Es wurde zwar gezeigt, dass energiereiches Licht einzelne Moleküle modifizieren kann. Studien haben gezeigt, dass der Aufenthalt im Freien über viele Jahre das Risiko einer Makuladegeneration erhöhen kann. Ein Wirksamkeitsnachweis für Intraokularlinsen mit Blaulichtfiltern durch eine klinische Studie steht dagegen noch aus.
Schädigungen aus der Jugend werden oft erst im Alter sichtbar
Glauben Sie, dass Augenerkrankungen durch UV in den nächsten Jahren zunehmen werden?
Für die weitere Entwicklung sind zwei unterschiedliche Faktoren zu berücksichtigen. Einerseits führen Internet und digitale Medien bereits heute dazu, dass wir durchschnittlich mehr Zeit in Innenräumen verbringen. In Befragungen wird gefunden, dass Jugendliche im Schnitt schon bis über drei Stunden pro Tag online sind. Daher gibt es eine geringere UV-Exposition.
Andererseits dürfte aber für die weitere Entwicklung auch von Bedeutung sein, dass die Lebenserwartung weiter ansteigt. Die kumulative Exposition gegenüber UV-Strahlung nimmt also noch zu. Außerdem erreichen wir ein Alter, in dem einige Auswirkungen der UV-Schädigung erst sichtbar werden.
Haben Sie als stellvertretender ärztlicher Direktor der Augenklinik Tübingen mit Krankheiten am Auge zu tun, die Sie eindeutig der schädlichen UV-Strahlung zuschreiben würden?
Eine akute Schädigung der Augenoberfläche sieht man schon einmal nach intensiver akuter UV-Belastung wie nach einer Gletscherwanderung oder dem Betrachten einer Sonnenfinsternis. Eine solche Photokeratitis kann mit einer akuten Entzündung und Schmerzen verbunden sein.
Flecken oder auch Wucherungen der Bindehaut wie ein sogenanntes Flügelfell werden eher auf der Nasenseite des Auges beobachtet, weil dort von außen her mehr UV-Strahlung einfällt. Häufiger sind Menschen mit hoher Exposition betroffen wie Regionen um den Äquator oder die Bewohner in großer Höhe oder Gebirgen. Durch die Arbeit im Freien wird die Rate verdoppelt, während eine Sonnenbrille das Risiko um einen Faktor fünf reduzieren kann.
Wie wichtig ist der Schutz von Kinderaugen?
Während durch die Linse von Erwachsenen kaum UV-Licht ins Auge fällt, hat die jugendliche Linse kaum eine Filterwirkung. Man weiß allerdings noch nicht, ob das Auswirkungen auf Veränderungen der Netzhaut hat, die man im höheren Alter sieht.
Was würden Sie als Arzt anraten: Wie schützt man seine Augen richtig?
Grundsätzlich ist ein Bewusstsein für die UV-Belastung der Augen nötig. Das kann in Extremsituationen wie beim Skilaufen oder auf einem Gletscher besondere Schutzmaßnahmen erfordern. Insbesondere Kinder sollten ihre Augen auch z.B. mit einer Sonnenbrille oder Schirmmütze schützen, wenn sie direkter Sonnenstrahlung ausgesetzt sind.
Ansonsten gilt vor allem, dass von Bedeutung ist, wie lange man der Strahlung ausgesetzt ist. Daher kann im Straßenbau oder der Landwirtschaft eine Sonnenbrille sinnvoll werden. Wenn Menschen ohnehin Brillenträger sind, ist es natürlich eine gute Option, Gläser mit integriertem UV-Schutz zu nutzen, um so ohne großen Zusatzaufwand Auge, Netzhaut und Lider mit einem integrierten UV-Filter zu schützen.
Kinderaugen haben kaum Schutz vor UV
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